Monatshygiene

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Sozialgeschichte der Monatshygiene

Monatshygieneartikel

Monatshygiene in anderen Kulturen

 

 

Sozialgeschichte der Monatshygiene

 

In unserem Kulturkreis verwenden Mädchen und Frauen heute ganz selbstverständlich Binden und Tampons. Das war nicht immer so. Noch Ende des 19. Jhs. war im mittel -und westeuropäischen Raum das Tragen von Unterhosen nicht allgemein üblich. Für die Monatshygiene nähten sich Frauen daher eigene Leibgürtel, in denen Stoffflecken zum Auffangen des Blutes befestigt wurden. Gynäkologen vertraten die Meinung, dass die Verwendung von Vorlagen den Blutstrom stoppen und daher ungesund sei. Manche Frauen ließen das Blut einfach fließen, waren dadurch aber an das Haus gebunden. 

Im 20. Jh. wurde es üblich, auswaschbare Stoffstücke in die Unterhosen einzulegen. Frauen haben zu diesem Zweck Tücher - oft aus alter Kleidung - selbst angefertigt, nach Gebrauch gewaschen und wiederverwendet. Später gab es spezielle „Monatshosen“, in denen genähte oder gestrickte Vorlagen mit Hilfe von Knöpfen oder Schlaufen befestigt wurden. Die ersten Wegwerfbinden, die mit Leibgürtel verwendet wurden, kamen Ende des 19. Jhs. auf den Markt und waren für Tänzerinnen und Schauspielerinnen gedacht.  

Der Tampon (französisch für „Stöpsel“) ist keine Erfindung des 20. Jhs., sondern so alt wie die Menschheitsgeschichte selbst und vermutlich die älteste Form das Menstruationsblut aufzufangen. Schon im antiken Rom sollen die Frauen mit Wachs überzogene Wollröllchen verwendet haben (pro familia 1988, 17). Ägyptische Inschriften lassen darauf schließen, dass bereits zu pharaonischer Zeit eine Art Tampon aus Papyrus benutzt wurde. Im 5. Jh. v. Chr. erwähnt der griechische Arzt Hippokrates Tampons aus mit Stoff umwickelten Holzstückchen (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Tampon). Industriell werden Tampons seit den 30iger Jahren in den USA hergestellt, wo der Tampon 1931 unter dem Namen „Tampax“ (mit Einführhilfe) patentiert wurde. Auf den deutschen Markt kamen die Tampons in den 1950er Jahren, von seinem (Er)finder kurz O.B., ohne Binde, genannt. 

Wiederum warnten die Ärzte der 1950er Jahre vor der Benützung des neuen Hygieneartikels. So hieß es, dass der Tampon eine gefährliche Blutstauung bewirken und Infektionen verursachen könne. Obwohl diese Irrtümer bald widerlegt werden konnten, benötigte es viele Jahre, bis er sich gegen medizinische wie moralische Bedenken durchsetzen konnte (vgl. Junker 1988, 79ff.). Noch immer ist der Glaube im Umlauf, dass ein Tampon das Jungfernhäutchen verletze, was vor allem in Gesellschaften, die die Jungfräulichkeit der Frau vor der Ehe fordern, der Verwendung entgegensteht.  

Rund um Menstruation und Monatshygiene rankten sich zu allen Zeiten zahlreiche Mythen und Irrlehren. So war z.B. bis ins 20. Jh. hinein der Glaube verbreitet, dass Frauen sich während ihrer Tage nicht reinigen und die Wäsche nicht wechseln sollten, weil der natürliche Prozess durch jede äußere Einwirkung gestört werde. Relikte dieses Aberglaubens haben sich bis in unsere Tage gehalten. Nicht wenige Frauen denken heute noch, dass sie während der Menstruation nicht baden sollen, in der Generation unserer Mütter wurde davon abgeraten, sich in dieser Zeit die Haare zu waschen. Solche Mahnungen muten um so befremdlicher an, als für Frauen im allgemeinen besonders hohe Anforderungen an Reinlichkeit gelten.

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Monatshygieneartikel  

Monatshygieneartikel sind in der heutigen Zeit unverzichtbar. Da sich hier ein unerschöpflicher Markt bietet, werden die Preise der im Handel erhältlichen Produkte hoch gehalten.

Binden gibt es in unterschiedlicher Ausfertigung. Der Innenteil ist aus Zellstoff, häufig durchmischt mit einem sogenannten „Ultrakern“, das sind kleine Kunststoffkristalle mit hoher Saugkraft. Je dünner die Binden sind, desto mehr von diesem Kunststoffanteil wurde eingearbeitet. Die äußere Hülle besteht zumeist aus Vlies oder Kunststoff. Immer häufiger werden synthetische Duftstoffe und geruchshemmende Stoffe eingesetzt. Diese Stoffe können in Verbindung mit geringer Luftdurchlässigkeit zu Schleimhautreizungen und Pilzinfektionen führen. Bei wiederkehrenden Problemen mit der Scheidenflora sollten eher Binden aus natürlichem Material und ohne Duftstoffe verwendet werden. Diese sind hautverträglicher, meist auch sehr saugfähig, weich und angenehm zu tragen. In Reformhäusern und Naturkostläden gibt es auch ungebleichte Wegwerfbinden bzw. wiederverwendbare Binden aus Baumwolle oder unbehandelter Seide.  

Tampons werden von vielen Frauen v.a. deshalb geschätzt, weil sie klein und einfach zu entsorgen sind und nicht verrutschen können. Im Unterschied zu Binden beeinträchtigen sie die Bewegungsfreiheit und die Ausübung von Sport, insbesondere Schwimmen, nicht. Frauen fühlen sich sicherer, weil mit einem Tampon das Auslaufen von Blut und die Entwicklung von Menstruationsgeruch weitgehend unterbunden ist. Die Verwendung von Tampons erfordert eine Grundkenntnis über die Lage der inneren Geschlechtsorgane und bedarf zunächst einer gewissen Überwindung, da Mädchen es meist nicht gewohnt sind, sich selbst anzugreifen. Die im Handel erhältlichen Tampons mit Einführhilfe (die das Einführen nicht unbedingt leichter macht) kommt der Scheu mancher Frauen entgegen, ihren eigenen Körper zu berühren. Aufgrund unzureichenden Wissens äußern junge Frauen manchmal die Befürchtung, dass der Tampon im Körper verschwinden könnte. Wenn der Tampon richtig eingeführt ist, ist er normalerweise nicht zu spüren. Tampons sollten nicht zu oft gewechselt werden, weil sonst die Scheide austrocknet und das Einführen eines neuen Tampons erschwert ist. Tampons sollten aber möglichst nicht länger als acht Stunden in der Scheide belassen werden, weil es sonst mitunter zu Infektionen kommen kann.  

Alternative Monatshygiene

Eine Alternative zu Tampons sind sogenannten Menstruationsschwämmchen, die sehr weich und anpassungsfähig sind. Vollgesaugte Schwämmchen werden unter fließendem Wasser ausgewaschen und wieder eingeführt. Es muss etwas öfter gewechselt werden als ein Tampon. Das Schwämmchen kann über mehrere Monate hinweg immer wieder verwendet werden. Als Naturschwamm ist es ein reines Naturprodukt ohne chemische Behandlung.

Eine andere, gesundheits- und umweltbewusste, auch sehr praktische und billige Lösung ist der sogenannte Menstruationskelch, auch „Keeper“ genannt, der in den 40er Jahren in den USA entwickelt wurde. Der Keeper ist ein geschlossener Trichter aus Naturkautschuklatex. Er wird innerlich, ähnlich wie ein Tampon getragen, saugt aber das Blut nicht auf, sondern fängt es auf. Dieser Kelch wird direkt unter den Gebärmuttermund gelegt, ein kleiner Gummistutzen am Ende des Kelches dient als Ein- und Ausführhilfe. Danach wird er abgewaschen und gleich wieder eingeführt. Er kann immer wieder verwendet werden und hat eine Haltbarkeitsgarantie von zehn Jahren. In Österreich ist er nicht erhältlich, kann aber über das Internet zum Beispiel in Deutschland bestellt werden.

Monatshygiene-Werbung

Die Menstruation wurde im Laufe der Geschichte aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt. Die Werbung für Hygieneprodukte macht das Thema in der Öffentlichkeit sichtbar, allerdings in verfremdeter Form. Sie zeigt wohl Binden und Tampons, aber die Flüssigkeit, die sie aufnehmen sollen, ist nicht rot, sondern blau. Die Begriffe „Menstruation“ und „Blut“ werden vermieden. Bis vor einigen Jahren kam nicht einmal eine Frau in den Werbespots vor. Der folgende Witz veranschaulicht die Intransparenz der Tamponwerbung: Ein fünfjähriger Bub wünscht sich einen Tampon, weil sie in der Werbung sagen, dass man damit reiten, schwimmen und Radfahren kann. Die Botschaft der Werbung lautet, Frauen sollen ihre Menstruation möglichst verstecken – nichts davon sehen, riechen, spüren, zeigen. Frauen sollten sich so verhalten wie an allen anderen Tagen auch. Es wird als Erleichterung propagiert, so tun zu können, als hätten sie die Menstruation gar nicht. Die Werbetexte unterstützen Frauen darin, ihre Blutung möglichst auch aus dem eigenen Bewusstsein zu streichen, sich zu kontrollieren und zu disziplinieren. Gerade in der Zeit, in der es Frauen gut täte „loszulassen“, sind sie dauernd damit beschäftigt, ihre Blutung zu verstecken. Die Werbung unterstützt die gesellschaftliche Haltung, die Frauen abverlangt, täglich gleich zu funktionieren und ihre Zyklizität zu verleugnen. Die Kosmetikindustrie trägt ebenso wie die Gynäkologie durch ihre Reglementierungen und Normierungen dazu bei, den Frauen ihre Körper zu entfremden.

Intimhygiene  

Die Verwendung von Spezialprodukten wie Intimsprays oder desinfizierende Lotionen ist weder während der Menstruation noch an den anderen Tagen notwendig, im Gegenteil ist zuviel Hygiene schädlich. Regelmäßiges Waschen der äußeren Genitale mit Wasser oder mit milder Seife und Wechseln der Unterwäsche reicht vollkommen. Das Innere der Scheide braucht nicht gewaschen zu werden. Die Genitale haben eine selbstreinigende Funktion. Die Schleimhaut des Intimbereichs ist von Mikroorganismen besiedelt, von denen einige für ein saures Milieu sorgen und eine wichtige Schutzfunktion ausüben und verhindern, dass sich krankmachende Keime wie Hefepilze ausbreiten können. Auch Scheidenspülungen sind nur nach Rücksprache mit dem Frauenarzt indiziert.    

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Monatshygiene in anderen Kulturen  

In den religiösen Schriften der verschiedensten Kulturen ist verbrieft, dass Frauen in dieser Zeit als unrein gelten und dass Männer befürchten, sich durch den Geschlechtsverkehr mit Menstruierenden selbst zu verunreinigen. In weitgehender Übereinstimmung tauchen überall Anweisungen an die Frauen auf, dass sie in der Zeit der Menstruation, über die ein Sexverbot verhängt ist, auf die Pflege ihres Körpers verzichten sollen, womit sie sich für sich selbst und andere abstoßend machen. Zum Auffangen des Blutes greifen in manchen Kulturen Frauen heute noch oft auf Blätter, Grasbüschel oder Moos zurück. Alles Material, das saugfähig ist, kommt zum Einsatz. Tücher und Lappen, Meeresschwämme, Reispapier, Taschentücher, Toilettenpapier und Watte sind einige Beispiele. Die Ureinwohnerinnen Australiens und Ecuadors schlagen ihre Grasröcke zwischen den Beinen hoch und stecken die Enden im Rockbund ein. In Thailand und Indien verbergen Frauen die Flecken in den Falten ihres Sarongs, indem sie ihn immer wieder neu raffen, bis er schließlich gewaschen wird. Beim Stamm der Samo in Obervolta haben Frauen die Angewohnheit, während ihrer Blutung den ganzen Tag über auf dem Boden zu sitzen, erst abends stehen sie auf und waschen sich. Die Frauen eines Indiostammes an der Grenze zwischen Peru und Brasilien verbringen während der Blutung fast den ganzen Tag im Fluss (Püschel 1988, 142f.). Tuaregfrauen im algerischen Tassiligebirge sondern sich zu Beginn der Blutung von der übrigen Familie ab und hocken sich über ein Loch, das sie in die Erde gegraben haben. Wenn der erste Blutfluss vorbei ist, spannen sie ihre Scheidenmuskeln an und halten so das Blut zurück. Sie können den Blutfluss bewusst regulieren. Während der ganzen Blutungsphase gibt es Zeiten, in denen sie dem Blut freien Lauf lassen und Zeiten, in denen sie es zurückhalten. Gelegentlich machen sie Luftsprünge, um ihren Unterleib sozusagen auszulüften. Diese Frauen leben unter ganz anderen Umweltbedingungen als wir, nämlich fernab der Zivilisation und in enger Verbindung mit der Natur. Vielleicht können sich westliche Frauen trotzdem von ihrem Umgang mit der Blutung inspirieren lassen. Das Experimentieren mit den Beckenbodenmuskeln kann nicht nur die Kontrolle des Blutflusses ermöglichen, sondern fördert auch die sexuelle Lust und beugt dem Problem der Inkontinenz vor.

In Japan benutzen viele Frauen beim Einführen eines Tampons Einweghandschuhe, um nicht mit ihrem Blut in Berührung zu kommen. Tampons mit Einführhilfe sind auch auf dem amerikanischen Markt sehr weit verbreitet. In Deutschland und Österreich werden diese weniger nachgefragt.

Auf dem asiatischen Markt werden Binden mit speziell geräuscharm zu öffnenden Einzelverpackungen angeboten, damit die Benutzerin der Nachbartoilette nicht am Knister- und Raschelgeräusch beim Öffnen der Binde erkennt, dass ihre Nachbarin menstruiert (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Menstruation).

   

Literatur:

Junker, Almut; Stille, Eva (1988): Zur Geschichte der Unterwäsche 1700-1960, Frankfurt/Main

Pro Familie, Deutsche Gesellschaft für Familienplanung (1988): Körper und Sexualität: Menstruation. Für junge Frauen und Mädchen, Frankfurt am Main.  
Als pdf-Datei unter: www.profamilia.de/topic/
 

Püschel, Erich (1988): Die Menstruation und ihre Tabus, Stuttgart/New York

Zinn-Thomas, Sabine (1997): Menstruation und Monatshygiene, Münster/New York/München/Berlin

 

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